. Begriffsbestimmung für ein komplexes Themengebiet
Der Bereich des kombinierten Verkehrs ist zugegebenermassen ein sehr komplexes Themengebiet, welches auch dem Schnellsten und Wissbegierigstem nicht einfach in den Schoss fällt.
Einmal begonnen, dort einzusteigen, erschliesst sich einem jedoch ein Gebiet, über das man immer mehr erfahren möchte.
Denn kombinierter Verkehr ist keine isolierte Insel, sondern hat Berührungspunkte in viele Bereiche menschlichen Schaffens – Wirtschaft, Politik, Verkehrswesen und nicht zuletzt eine recht lange geschichtliche Entwicklung.

Würde man den ganz weiten Bogen ziehen, dann müsste man bereits in der Zeit des römischen Reichs anfangen: Denn der Wechselbehälter ist geschichtlich nichts »neues«. In ähnlicher Form wurde bereits die Post des römischen Reichs durch Wechselreiterei besorgt – mit Pferden und auf Satteleseln wurde sie in versiegelten Behältern befördert. Und auch bereits zu dieser Zeit gab es Ärger über schlecht formulierte gesetzliche Begriffs- und Dienstbestimmungen, denn es war ein lukratives Geschäft.
(Eric William Mark, EU Kommission, Brüssel /Belgien)

Bevor man nun zu weit in die Geschichte abdriftet, dessen jüngerer Teil ab den 1920er Jahren im Kapitel Geschichte des KLV beschrieben wird, sollen auf diesen Seiten einige Worte verloren werden über Begriffe, Normen und Modalitäten im kombinierten Verkehr.

. KV • KLV

KV • Kombinierter Verkehr • KLV • Kombinierter Ladungsverkehr
Kombinierter Verkehr (KV) oder kombinierter Ladungsverkehr (KLV) – was beides dasselbe meint – ist die Beförderung von intermodalen oder nicht intermodalen Ladeeinheiten mit mindestens zwei Verkehrsträgern auf dem Transportweg. »Intermodal« ist gleichbedeutend die Eignung für zwei oder mehr Verkehrsträger. Intermodale Ladeeinheiten sind

  • Container (Ct),
  • Wechselbehälter (WB),
  • kranbare oder bimodale Sattelanhänger (SAnh).

Ganze Lastzüge, die in Verkehren der »Rollenden Landstrasse« (RoLa) befördert werden, gelten nicht als intermodale Ladeeinheiten.
Verkehrsträger im KV sind Strasse, Schiene und Schiffahrt. Der Luftverkehr steht hier aussen vor, weil praktisch keine geeigneten intermodalen Ladeeinheiten hierfür existieren. (Freilich gab und gibt es Transportketten, bei denen Luftfrachtbehältern auf dem Landweg in intermodalen Ladeeinheiten (WB und SAnh) befördert werden. In den 1990er Jahren bspw. wurde auf diese Weise Luftfracht der Lufthansa vom Flughafen Frankfurt Rhein-Main in die Region Mailand befördert, weil die Luftverkehrskapazitäten in Oberitalien nicht ausreichten. Hierzu wurden die Luftfrachtbehälter in Frankfurt in mit Rollböden ausgerüstete SAnh der Spedition Mainsped verladen, auf der Strasse nach Mannheim befördert, auf einen Hupac Shuttle-Zug nach Busto Arsizio /Gallarate umgeschlagen und von dort wieder auf der Strasse zum Mailänder Flughafen gebracht.)

Sobald die Schiene im KV ins Spiel kommt, wird es kompliziert: So galten bis Anfang der 1990er Jahre Container nicht als Teil des KV, sondern wurden von den europäischen Staatsbahnen als aus dem maritimen Bereich stammende Transportmittel betrachtet. Damit waren sie dem KV des damaligen Verständnisses, der vor allem die Kombination Schiene – Strasse betrachtete, entzogen. Allein bereits anhand dieses Beispiels erkennt man, dass die Defiinition, was KV ist, in der Vergangenheit mehrfach Wandlungen unterworfen war.

Die Schiffahrt auf Binnengewässern und im Küstenbereich spielt erst seit kurzem eine verstärkte Rolle im kontinentalen KV, dass heisst in der Beförderung von Wechselbehältern und Containern mit europäischen Sonderformaten. Nicht zuletzt aufgrund Einschränkungen in der Beschaffenheit vieler dieser Ladeeinheiten, die erst in jüngster Zeit durch entsprechende Normungsbestrebungen entschärft wurden.

Unter Einbeziehung der ökonomischen und kooperativen Aspekte lässt sich also definieren: KV Schiene – Straße ist die Kooperation der im Wettbewerb zueinander stehenden Verkehrsträger Bahn und LKW, indem Ladeeinheiten des Straßenverkehrsgewerbes auf einem Teil der Strecke auf der Eisenbahn befördert werden.

. Unbegleiteter KV • Begleiteter KV • See-Hinterlandverkehr
Unbegleiteter kombinierter Verkehr (UKV)
Die verbreitetste Form des KV Schiene – Strasse ist der Verkehr mit Containern, Wechselbehältern oder Sattelanhängern. Dieser unbegleitete Verkehr, bei dem nur die Ladeeinheiten auf der Schiene befördert werden, kommt auf einen Marktanteil von etwa 80 Prozent; wird der Hinterlandverkehr mit See-Containern noch mit einbezogen, dann sind es sogar 90 Prozent. Der Fahrer und sein Equipment zur Strassenbeförderung (Zugmaschine bzw. Ct/WB-Trailer) bleiben am Terminal zurück. Die Ladeeinheit wird auf kurzen Strassenstrecken vom Ausgangsort zum Terminal und vom Terminal zum Bestimmungsort befördert. Die längere Strecke zwischen den beiden Terminals wird auf der Schiene zurückgelegt.

Für den unbegleiteten Verkehr sind allerdings umfassende technische, organisatorische und infrastrukturelle Vorbereitungen erforderlich. Für die Transport- und Speditionsunternehmen heisst das vor allem, dass sie über spezielle Ladegefässe verfügen müssen, die »kranbar« sind, also mit einem Mobil- oder Portalkran verladen werden können (vertikaler Umschlag). Strassenfahrzeuge mit Wechselbehältern und Sattelaufliegern sind teurer in der Anschaffung als »normale« Fahrzeuge.
Auch muss sich das Transportunternehmen darum kümmern, dass am Bestimmungsterminal der Behälter aufgenommen und weiter zum Zielort befördert wird. Inzwischen sind viele Unternehmen, auch Mittelständler, dazu übergegangen, am »anderen Ende« entweder eigene Büros einzurichten oder sie haben zuverlässige Partner gefunden, die für sie das Trucking vor Ort übernehmen.

Ein bislang nicht befriedigend gelöstes Problem insbesondere bei Wechselbehältern ist die oft fehlende »Paarigkeit« des Verkehrs. Das heisst, bei der Rückbeförderung des Wechselbehälters an den Ausgangsort fehlt die Ladung und leer transportierte WB kosten nur Geld, anstatt Gewinn zu erwirtschaften. Im Verkehr mit ISO-Containern ist das weniger ein Problem, weil diese nicht unbedingt im A-B Verkehr laufen müssen.

Wettbewerbsfähig ist der UKV auf transalpinen Strecken ab 300 km, auf anderen ab 500 km. Bekannte Beispiele für UKV sind das ShuttleNet der schweizerischen Hupac und das Kombi-Netz 2000+ der deutschen Kombiverkehr.

Begleiteter kombinierter Verkehr
Beim begleiteten kombinierten Verkehr rollt der komplette LKW aus eigener Kraft über eine Rampe auf spezielle Niederflurwaggons (Horizontaler Umschlag). Der Fahrer verbleibt während des Transportes auf dem Zug, er begleitet seinen LKW in einem gesonderten (Liege)Wagen. Am Zielterminal übernimmt der Fahrer die Fahrzeugkombination und kann seine Fahrt zum Kunden fortsetzen. Vorteil: Der Chauffeur kann sich während des Transportes ausruhen und die Zeit während des Schienentransportes wird in mehreren Ländern vom Gesetzgeber als Pause anerkannt, womit die Vorschriften hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten erfüllt werden.

Bekannt unter dem Begriff »Rollende Landstrasse« (RoLa), können die Züge in relativ kurzer Zeit be- und entladen werden. Die RoLa hat ihre Domäne im alpenquerenden Verkehr, so in Relationen Freiburg (DE) – Novara (IT) über den Lötschberg, Singen (DE) – Milano (IT), Wels (AT) – Villach (AT) oder Modane (FR) – Torino (IT). RoLa-Verbindungen im Flachland haben einen schweren Stand, so sind inzwischen bspw. alle Deutschland berührenden Verbindungen wegen mangelnder Nachfrage eingestellt worden. Zuletzt, kurz nach Beitritt Tschechiens zu EU und der damit verbundenen Erleichterungen für die Strassentransporteure die RoLa Dresden (DE) – Lovosice (CZ).

Prinzipiell bietet sich die RoLa dort an, wo innerhalb einer relativ kurzen Vorbereitungszeit kombinierter Verkehr betrieben werden soll. Sie ist darüber hinaus für Transportunternehmen ideal, die noch keine großen Erfahrungen im Umgang mit dem KV haben. Vor allem bedarf es keiner gesonderten Umrüstung oder Anpassung des vorhandenen Fahrzeugparks, um einen Transport auf einer RoLa durchführen zu lassen, und die RoLa erfordert keine aufwendigen infrastrukturellen Vorbereitungen (Terminals). Sie eignet sich daher besonders zur Überwindung kurzer und mittlerer Distanzen (200 bis 400 km) und da, wo eine hohe Umlaufgeschwindigkeit der Züge erreicht werden soll.

Wo Licht ist, ist auch Schatten: Der deutlichste Nachteil der RoLa besteht in der besonders hohen Totlast, denn zusätzlich zur Ladung muss das Gewicht des kompletten LKW auf der Bahn befördert werden. Wo bereits Terminals existieren, schneidet der begleitete Verkehr hinsichtlich seiner Wirtschaftlichkeit meist schlechter ab als der unbegleitete Verkehr.

See-Hinterlandverkehr
Eine Variante des unbegleiteten kombinierten Verkehrs ist der Transport von See-Containern von und zu den grossen europäischen Seehäfen an Nordsee und Mittelmeer, wie Hamburg, Bremerhaven, Rotterdam, Antwerpen oder Genua. Diese See-Hinterlandverkehr genannten Verbindungen reichen dabei bis über 1.000 km in den Kontinent hinein. Befördert werden hierbei praktisch ausschliesslich ISO-Container in den Grössen 20' und 40'. Bekannte Verbindungen sind

  • Hamburg /Bremerhaven – Prag /Györ & Slowakei (Metrans),
  • Hamburg – Polen /Litauen /Ukraine (Polzug – Joint-Venture von PKP, HHLA und Stinnes [DB]),
  • Rotterdam /Hamburg – Enns /Ybbs /Wien & Slowakei (WLB Wiener Lokalbahn)
  • Hamburg /Bremerhaven – Regionen München /Nürnberg /Stuttgart /Rhein-Main-Neckar (BoxXpress – Joint-Venture von ERS, Eurogate und TXL)
  • Rotterdam – Deutschland /Polen /Tschechien /Slowakei /Ungarn /Slowenien /Norditalien (ERS)
  • Hamburg /Bremerhaven – Dänemark /Tschechien /Slowakei /Ungarn (ERS)

Die Umläufe der grossen Containerschiffe mit möglichst wenigen aber umschlaghohen Hafenanfahrten bedingen inzwischen aber auch alpenquerende Hinterlandverkehre von den Nord- und Westhäfen in die norditalienischen Wirtschaftsregionen. Selbst die mittels Binnenschiffen durchgeführten Hinterlandverkehre von den Westhäfen nach West- und Süddeutschland werden seit Jahren durch entsprechende Eisenbahnverkehre ergänzt. Bekanntestes EVU für diese Verkehre ist die ERS European Rail Shuttle, ein Tochterunternehmen der Reederei Maersk (ursprünglich ein Joint-Venture von Maersk und P&O Nedlloyd. Diese sind jedoch 2005 von Maersk übernommen und vollständig integriert worden).

Wie weiter? Am Besten mit einem Blick ins Detail: Von Containern & anderen Blechbüchsen